gestützt wird dieser machbarkeitswahn auch von einer digitalisierungs-euphorie, die so tut, als würde nun der neue adam erfunden, der als „di- gital native“ (naive!) allein mit instant-info, just- in-time-wissen und down-load-knowledge fit sei für das globale haifischbecken. ganz zu schweigen davon, dass hinter der soge- nannten neuro- und digitalpädagogik ein seltsam materialistisches menschenbild steckt. eine päda- gogische anthropologie ist das nicht! ich setze dagegen: es gibt unterschiede in der begabung von men- schen. dies zu sagen gilt seit 50 jahren als po- litisch nicht korrekt. wer nicht bereit ist, dem sogenannten dynamischen begabungsbegriff des „begabens“ zu folgen, der sei ein biologist oder darwinist. wissenschaftlich haltbar ist eine solche diktion nicht. denn die forschung hat eindeutig nachge- wiesen, dass die hälfte bis zwei drittel des kogni- tiven potentials durch erbfaktoren bestimmt sind. dennoch glaubt (!) man immer noch an den be- haviorismus. daraus leitete sich ein grenzenloser pädagogischer optimismus ab, der das neuge- borene als „white paper“ sehen wollte, auf dem prägungen ohne grenzen vorgenommen werden könnten. vor allem ein leitspruch john watsons wurde euphorisch aufgenommen: „gebt mir zehn babys, ich mache daraus einen verbrecher, einen politiker, einen musiker...“ faktum aber ist: nur wenn anlagefaktoren und umweltfaktoren zusammen gesehen werden, ge- winnt man ein realistisches bild von menschlicher entwicklung, denn anlage und umwelt wirken – heute sagt man: „synergetisch“ – zusammen wie boden und klima: der beste boden bringt keine reiche ernte, wenn das klima miserabel ist, und das beste klima lässt nicht üppig früchte tragen, wenn der boden es nicht hergibt. wer völlige chancengleichheit (etwas anderes als chancengerechtigkeit!) will, müsste die men- schen entmündigen. er dürfte ausschließlich die schwächeren und langsameren fördern. die stär- keren müsste er den eltern wegnehmen, sie aus der schule verbannen … beim start in die bildungslaufbahn sollten selbst- verständlich alle die gleichen chancen haben, glei- che zielchancen kann es aber nicht geben. so äu- ßert sich auch der begabungsforscher christopher jencks, dessen klassiker von 1972 „inequality“ betitelt ist (und der in deutschland im jahr 1973 im rowohlt-verlag bezeichnenderweise mit dem titel „chancengleichheit“ auf den markt kam). bereits bei jencks findet sich die feststellung: chancengleichheit durch bildung ist eine illusion, denn selbst wenn bildung am ende gleichmäßig verteilt wäre, schlagen doch andere unterschiede durch: familiäre förderung, begabung usw.. hierzu eine kurze anmerkung zur inklusion, vor allem zu den inklusions-puristen, die sogar die ar- ten von behinderung egalisieren, in ihrer sprache: „dekategorisieren“, wollen und jeden, der das als falsch ablehnt, in die nähe des faschistischen rü- cken: als ziel ist inklusion richtig, als weg unter umständen völlig falsch. auch die un-konvention fordert keine auflösung der förderschulen (siehe artikel 5 und 7). 3. ein drittes dogma ist die spaß-, erleichterungs- und gefälligkeitspädagogik. diese tut – parado- xerweise reichlich angestrengt – so, als ob schule immer nur cool sein müsse, damit sich kinder doch ja nicht langweilten. kindgemäßheit nennt sich so etwas. man könnte es auch infantilisierung über den kindergarten hinaus nennen. mit am meisten zugeschlagen hat diese art von erziehung im bereich der sprachlichen bildung: ...sprachbarbarei ist daraus geworden: – klassiker in leichter sprache, – teile der rechtschreibreform, – grundschüler dürfen gegen jede orthographie- regel „phonetisch“ schreiben (motto: „wenn falsches richtig ist.“), – der mutter- und der fremdsprachliche wort- „schatz“ wurde drastisch gekürzt (von 1.100 auf 700), – ein auswendiglernen von gedichten findet fast nicht mehr statt, – deutschprüfungen bestehen im ankreuzen von multiple-choice-aufgaben oder im ausfüllen von lückentexten. die beispiele sind legion. ich setze dagegen: bildung geht nur mit anstrengung, disziplin, sorgfalt, durchhaltevermögen, selbstkritik, wis- sensdurst. die um sich greifende gute-laune-pä- dagogik schadet unseren kindern. wir müssen kindern wieder mehr zutrauen und auch mehr zumuten. dass pseudopädagogische erleichterungsattitü- den falsch sind, wussten generationen von eltern und lehrern seit der antike. selbst ein sigmund freud, der bekanntermaßen vieles auf das lust- streben des menschen zurückführte, war über- zeugt: leistung und erfolg, ja das erleben von glück, setzen bedürfnis- und triebaufschub vo- raus. einer der großen schriftsteller der weltliteratur und einer der größten analytiker menschlicher psyche, fjodor michailowitsch dostojewskij, schrieb dazu: „die ganze pädagogik kennt jetzt nur noch die sorge um die erleichterung. erleich- terung ist aber keineswegs eine förderung der entwicklung, sondern im gegenteil ein verleiten zu oberflächlichkeit.“ moderne pädagogik tut genau dies: sie erzieht zur oberflächlichkeit. wenn etwas schwierig er- scheint, dann denkt pädagogik nicht darüber nach, wie man den kindern das schwierige bei- bringen könnte, sondern sie senkt die ansprüche – anstatt eine portion durchhaltevermögen, sitz- fleiß und dickschädeligkeit auch in sachen lernen zu fördern. trotzdem wurden trieb-. und bedürfnisaufschub, leistung und anstrengung vor allem von einer 68er-geprägten pädagogik zu missgunst-voka- beln. da ist im zusammenhang mit schule immer noch die rede von „leistungsstress“, „leistungs- druck“, „leistungsterror“. wer leistung aber zur missgunst-vokabel macht, versündigt sich an der zukunft unserer kinder und unserer gesellschaft. denn wer das leistungsprin- zip bereits in der schule untergräbt, setzt eines der revolutionärsten demokratischen prinzipien außer kraft. in unfreien gesellschaften sind geld- beutel, geburtsadel, gesinnung, geschlecht kri- terien zur positionierung eines menschen. freie gesellschaften haben an deren stelle das kriteri- um leistung vor erfolg und aufstieg gesetzt. das ist die große chance zur emanzipation für jeden einzelnen. jeder soll seines glückes schmied sein können. mit ellenbogengesellschaft hat das nichts zu tun. vielmehr ist auch der sozialstaat zugunsten be- nachteiligter, kranker und alter nur realisierbar mit der millionenfachen leistung und anstren- gung der leistungsfähigen. auch sozialstaatlich- keit ist nur mit dem leistungsprinzip machbar. auch im internationalen, im globalen wettbewerb geht es nicht ohne leistung. wir sollten ansonsten auch froh sein, wenn wir leistungshungrige junge spitzenleute für zukünftige eliten haben. denn: demokratie darf nicht zum diktat des durchschnitts werden. eine zur gleichheit verur- teilte gesellschaft wäre zur stagnation verurteilt. wer elite legitimerweise sein kann, darüber gilt es zu streiten. bloße macht-elite oder blanker geld- adel kann es nicht sein. eine leistungs- und funk- tionselite muss es sein, die zugleich reflexions-, vorbild-, verantwortungs- und werte-elite ist. vor einem solchen hintergrund ist selbst ungleichheit gerecht – nämlich dann, wenn elite allen nützt, wenn das handeln von eliten quasi zu einem „in- equality surplus“, zu einem mehrwert führt. das bildungswesen muss dazu einen beitrag leisten, indem es talente entdeckt und fördert. (s. „lob der elite“ von h. schmoll!) 4. ein viertes dogma ist die quotengläubigkeit. das ist die planwirtschaftliche vermessenheit, es müssten möglichst alle das abitur bekommen. hier läuft doch etwas total schief, wenn wir näm- lich in deutschland 330 berufsbildungsordnungen und einen wildwuchs an 18.000 studienordnun- gen haben. und wenn mittlerweile mehr junge leute ein studium ergreifen als junge leute, die eine berufliche bildung anfangen. ich setze dagegen: wir stehen mit deutschland gut da, obwohl (oder weil) wir lange jahre auf eine künstlich nach oben geschraubte pseudoakademisierung verzichtet haben. vergessen wir bitte nicht, dass deutschland, österreich und die schweiz niedri- ge akademisierungsquoten, zugleich aber beste wirtschaftsdaten, die stabilsten finanzen, die günstigen wachstumsraten, die niedrigsten quo- ten an arbeitslosen insgesamt und an arbeitslosen jugendlichen haben. all das haben wir nicht, weil wir gigantische studierquoten hätten. das haben wir v.a. aufgrund des großen standortvorteils „qualified in germany by berufliche bildung made in germany“. apropos jugendarbeitslosigkeit: hier haben oft sogar vermeintliche pisa-vorzeigeländer mit gesamtschulsystemen eine quote, die deutlich über derjenigen deutschlands oder gar der süd- deutschen länder liegt. in schweden mit 20 und in finnland mit 22 prozent. baden-württemberg bzw. bayern hatten übrigens eine quote von 2- 2017 15