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ProPhil_15_02

4 2-2015 Christoph Laugwitz war Gründungsmitglied des PVS und lange Jahre unser verdienter Schatzmeister. Leider starb er vor über drei Jahren. Er lebt in unseren Herzen weiter. Wir veröffentlichen deshalb einen Artikel von ihm, den er im Jahr 2000 schrieb, leicht gekürzt, nochmals. Zu DDR Zeiten waren meine Kenntnisse über das Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland sehr lückenhaft. Ich hatte zwar im Deutschlandfunk eini- ge Debatten zum Bildungssystem verfolgt, aber … Und dann kam die Wende. Der Anlass, mich schulpolitisch zu engagieren kam dadurch, dass ich im Frühjahr 1990 gebeten wur- de, für den Vorsitz der Schulgewerkschaftsgruppe, damals natürlich die DDR Gewerkschaft Unterricht und Erziehung, zu kandidieren, vermutlich, weil ich bis dahin noch keine politische Funktion bekleidet hatte und keiner Partei angehörte. Ich hielt es nicht für angebracht, mich zu verweigern, denn ich war mir bewusst, dass in der freiheitlichdemokratischen Ordnung, die nun sicher auch in der DDR Fuß fas- sen würde, Gewerkschaften eine wichtige Rolle spielen. Ich hatte auch einen Gegenkandidaten, wurde aber mit etwa 90 % der Stimmen gewählt und nicht einstimmig, wie es zuvor üblich war. We- sentlich durch diese Funktion veranlasst habe ich dann eine Reihe von Veranstaltungen besucht, die damals in großer Zahl angeboten wurden, meist waren es Veranstaltungen der GEW. Das, was ich dort hörte, fand bei mir nur wenig Beifall. Das militante Auftreten der Redner gegen jede Differenzierung bei der Organisation der Schule, es wurde als Selektion diffamiert, entsprach wirk- lich nicht meinen Vorstellungen einer demokrati- schen Schule. Meine lange Schulpraxis in der DDR hatte mich gelehrt, dass Schüler doch recht unter- schiedliche intellektuelle Veranlagungen haben, die in der Schule auch unterschiedlich behandelt werden müssen, allein durch Differenzierung in- nerhalb der Klasse ist dies nicht zu machen. Auf meine Vorhaltung, dass dies Konzept doch die Weiterführung der Einheitsschule bedeutet, wur- de mir geantwortet, ich hätte doch bisher dabei mitgemacht so könnte ich doch eine Einheits- schule auch weiterhin mittragen. So war für mich ein Aushang im Lehrerzimmer von besonderem Interesse, der zu einer Beratung zu speziellen Problemen der EOS einlud. Diese Beratung fand im April 1990 in Radebeul statt. Dort lernte ich das erste Mal Frau Schreiner kennen, die auch eingeladen hatte. Ich vertrat dort die Ansicht, eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Gewerkschaft solle die speziellen Interessen der EOS vertreten. Andere Teilnehmer hatten offenbar schon bessere Informationen über die weitere Entwicklung und sprachen sich entschieden für die Gründung eines unabhängigen Verbandes aus. Bei der nächsten Beratung dieser Gruppe hatte sich unser Vorhaben schon weiter herumgesprochen, da waren dann auch schon Herr Neumann und Herr Pöschmann anwesend, beide sind heute stellver- tretende Vorsitzende des Verbandes. Die Vorstel- lungen, wie man einen Verband aufbauen könnte, welche Aufgaben der Verband hat, waren noch sehr diffus; umso hilfreicher war uns Herr Sonnemann, der uns die Erfahrungen aus der Gestaltung des Phi- lologenverbandes in Oberbayern vermittelte. Wir haben dann den Philologenverband Sachsen angemeldet. Das ging nach dem damals neuen Vereinsgesetz der DDR noch recht einfach. Wir haben auch einen vorläufigen Vorstand gebildet. Ich erklärte mich bereit, mich um die Finanzen zu kümmern. Die großen deutschen Banken, die sich inzwischen auch in Dresden etabliert hatten, zeig- ten offenbar wenig Interesse an uns und forderten für die Eröffnung eines Kontos Unterlagen wie z. B. Protokolle der Wahlversammlung oder ein Statut mit Festlegungen der Zeichnungsberechtigung, die wir damals natürlich noch nicht vorweisen konn- ten. Die Sparkasse hatte ein Einsehen und eröff- nete für den PVS ein Konto. Dies nutzen wir noch heute. Und ich kümmere mich auch heute noch um die Finanzen, die Funktion hat nun aber die schöne Bezeichnung „Schatzmeister“. Nun ging es Schlag auf Schlag: Ein weiteres Treffen, eine Notiz mit Einladungen in der Zeitung – neue Gesichter tauchten in Radebeul auf . Am 23. Mai 1990 wurde im „Hinterstübel“ der EOS Radebeul der PVS gegründet. Sieben Un- terschriften waren auf dem Gründungsprotokoll (darunter Herr Neumann aus Pirna, Herr Laugwitz aus Dresden und Herr Pöschmann Lauterbach). Am 10. Juni 1990 hielten wir die Vereinsregisterurkun- de in der Hand. Der Philologenverband Sachsen war geboren. Inzwischen waren wir bereits über 50 Kollegen aus Radebeul, Dresden und Umgebung. Damals war uns eigentlich schon klar, die Lehrer an EOS bzw. Gymnasium brauchen einen eigenen Ver- band, der nur sie vertritt. Deshalb gab es auch Ende Juni 1990 ein erstes Gespräch mit Vertretern des im März gegründeten Sächsischen Lehrerverbandes, um zu erreichen, dass nicht verschiedene Verbände diese Lehrerklientel vertraten. Leider gab es keine Einigung. Die Masse macht es! Das war schon da- mals der Grundtenor. Da konnten und wollten wir nicht mithalten. Wir blieben dem Gedanken einer Vertretung der Gymnasiallehrer treu. Unterstützung erhielten wir weiterhin vom Baye- rischen Philologenverband, auch Herr Fluck, den ich am 1. Juli 1990 im Harz kennen lernte, war uns sehr hilfreich. Und dann wurde gereist, nach Berlin, in den Harz, nach Chemnitz und ins Kloster Banz. Welche Bilanz kann ich heute für meine Verbands- arbeit ziehen? Ich will da nicht die Rechenschafts- berichte der Vorsitzenden hier wiederholen, ich meine meine ganz persönliche Bilanz. Materiell hatte ich natürlich keinen Gewinn, denn pauschale Aufwandsentschädigungen an Leitungsmitglieder zu zahlen lässt die Finanzlage nicht zu und direkte Ausgaben z. B. für die Nut- zung des Telefons oder des PKW werden auch kaum kostendeckend erstattet. Der Gewinn aus der Verbandsarbeit ist ideeller Art. Es bereitet schon Genugtuung, einen Beitrag für die Ge- staltung des Gymnasiums in Sachsen zu leisten, manche positive Entwicklung mit auf den Weg gebracht, manches Übel verhindert und manchem Kollegen persönlich geholfen zu haben. Ich habe viele interessante Kolleginnen und Kollegen in Ost und West kennengelernt, das weitet den Horizont, vermittelt Einsichten und bereitet Freude. Vor al- len aber hat mir die Arbeit im Verband geholfen, die Funktionsweise der für uns neuen Gesellschaft zu verstehen. Erst, wenn man die Prinzipien einer Gesellschaft wirklich verstanden hat, kann man sie auch bewusst mitgestalten. 42-2015

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