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ProPhil_15_02

72-2015 DDR weitergehen sollte? Es standen im Vorfeld der Volkskammerwahlen am 18. März 1990 ja viele ungelöste Fragen im Raum: Sollte der schnelle Bei- tritt zur Bundesrepublik Deutschland angestrebt werden oder doch eine weitere Selbstständigkeit der DDR. War eine föderalistische Staatsform und damit eine Wiederbelebung der alten Länder nach so langer Zeit überhaupt möglich? Würden durch die Einführung der Marktwirtschaft die sog. sozia- len Errungenschaften der DDR beseitigt? Nur eine gute Woche später ging bei einer Wahlbeteiligung von 93,38 Prozent die „Allianz für Deutschland“ überraschend als klarer Sieger aus diesen ersten freien Wahlen hervor - ein eindeutiges Signal für die schnelle Vereinigung der DDR mit der Bun- desrepublik Deutschland. Damit schienen auch schnelle und tiefgreifende bildungspolitische Ver- änderungen möglich zu sein. Doch das erwies sich als mühsamer Weg. Es wür- de zu weit führen, die diesem Ziel dienenden zahl- losen Informationsveranstaltungen, Gespräche und sonstigen Aktivitäten aufzulisten, die sich seitens des Bayerischen Philologenverbandes vor allem auf Sachsen und Thüringen konzentrierten. Immerhin erwies es sich nun als großer Vorteil, dass zu vielen Kolleginnen und Kollegen in der DDR bereits enge Verbindungen geknüpft wor- den waren. Sie standen nicht nur als Multiplikato- ren vor Ort bereit, sie vermittelten auch Kontakte zu den neuen politischen Entscheidungsträgern wie den für Sachsen zuständigen Landesschulrat Dr. Klaus Husemann, der erfreulicherweise dem Aufbau von Gymnasien gegenüber sehr aufge- schlossen war. Haupttriebfeder der weiteren Ent- wicklung in diese Richtung waren aber jene ent- schlossenen Kolleginnen und Kollegen, die unter der Führung von Gudrun Schreiner die Gründung eines eigenen Philologenverbandes Sachsen be- trieben und bereits am 23. Mai 1990 in Radebeul einen „Verband der Lehrer an hochschulvorberei- tenden Bildungseinrichtungen“ ins Leben riefen. Peinlicherweise gab es allerdings dagegen nicht nur von Gewerkschaftsseite, sondern sogar von einzelnen Vertretern der im Beamtenbund orga- nisierten Lehrerverbände, welche die Sammlung der DDR-Kollegen unter dem Dach des Deutschen Lehrerverbandes DL favorisierten, Störfeuer aus dem Westen. Anfang Oktober 1990 war es diesen Widerstän- den zum Trotz so weit: Bei einer Gründungsver- sammlung wurde in Dresden im Beisein von Lan- desschulrat Dr. Husemann der Philologenverband Sachsen feierlich aus der Taufe gehoben, und der Bayerische Philologenverband war stolz darauf, dabei als „Pate“ fungieren zu dürfen. Am Vor- abend der Feier erfuhr die Aktion „Lehrer laden Lehrer ein“ ihre fröhliche Umkehr bei einer Wein- probe im Hause des Mitbegründers des PVS und Hobbywinzers Rainer Koschnik, der neben selbst- gezogenem Elbwein seinen „Vereinigungssekt“ kredenzte: Abfülldatum war der 9. November 1989. Am 15. November 1990 schloss sich der Kreis dieses so bewegten und bewegenden Wendejah- res bei der Hauptversammlung des Bayerischen Philologenverbandes in Würzburg. Das Motto der Tagung ein Jahr nach Regensburg lautete „Gymnasium für das ganze Deutschland!“, und eröffnet wurde sie bewusst durch eine hoch- karätig besetzte Podiumsdiskussion mit dem soeben ins Amt gekommenen sächsischen Wis- senschaftsminister Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer, der Vorsitzenden des Philologenverbandes Sach- sen Gudrun Schreiner und dem Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbandes Bernhard Fluck. Minister Meyer erfüllte zwar nicht die hochge- spannten Erwartungen bezüglich einer Zustim- mung zur schnellen Einführung von Gymnasien in der DDR. Vielmehr verwies er auf die Schwierigkeiten bei der Überwindung des sozialistischen Ein- heitsschulwesens aus SED-Zeiten. Andererseits bezeichnete er den Aufbau eines gegliederten Schulwesens als die „entscheidende Zukunfts- frage“ und betonte die große Tradition früherer humanistischer Bildungseinrichtungen in Sach- sen und Thüringen. Und so schied man mit dem Gefühl, dass nach dem Freudengipfel des Wen- dejahres die Mühen der Ebene noch vor einem lagen. Rainer Rupp, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes 1990 kam alles zusammen! Jeden Tag eine neue Herausforderung! Die Gründung des Verbandes, Mitglieder werben, Statut schreiben, Rechts- schutz organisieren … und … und … und na- türlich brauchten wir eine Zeitung! Wer von uns hatte aber schon einmal eine Zeitung herausge- geben. Zum Glück halfen uns auch hier die Bayern! In Altötting in ihrer Druckerei und unter der Hilfe ih- res damaligen Chefredakteurs haben wir die ers- ten drei Jahre unsere Zeitung drucken lassen. Frau Schröder – unsere Chefredakteurin 1991 bis 1995 – fuhr also mindestens 4 mal jährlich dorthin, um die Herausgabe vorzubereiten! Bei der ersten Ausgabe war ich aber erst einmal allein! 12 Artikel hatte ich geschrieben, über Ak- tivitäten in Sachsen, unsere Vorstellungen und Gedanken. Zum Glück konnte ich Rolf Neumann aus Pirna und Rüdiger Stumm aus Plauen gewin- nen ebenfalls etwas zu schreiben. R. Neumann äußerte sich zur Neugestaltung des Gymnasiums und der gymnasialen Bildung! Viele Kollegen la- sen in diesem Artikel zum ersten Mal Genaueres über die zukünftige Kollegstufe (heute gymna- siale Oberstufe). Rüdiger Stumm vervollständigte das Angebot mit der Darlegung über ein gemein- sames Seminar mit dem Bayerischen Philologen- verband in Kloster Banz. Trotzdem reichte es noch nicht die Seiten zu füllen. So halfen uns Mitglieder des Vorstandes des Bayerischen Philologenver- bandes mit Grundsatzartikeln zur Bildungs- und Berufspolitik. Vieles in dieser Zeitung erscheint uns heute „blauäugig“! z.B. unsere Forderungen: „… eine mittelfristige Angleichung unse- rer Gehälter an die Gehälter der Lehrer der Bundesrepublik mit dem Ziel, diese in drei Jahren zu vollziehen … oder … Beamtensta- tus für Lehrer… Aber es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg wa- ren! Lächeln kann man darüber, dass ich gleich zwei- mal „Ursula“ Schreiner genannt wurde. Aber das Wichtigste: „Alle konnten lesen, dass es uns gab, dass wir für ein Gymnasium auch in Sachsen eintraten und dass wir für die Besserstellung der Lehrer an den EOS und zukünftigen Gymnasien kämpften.“ Deshalb ist mir diese Nr. 1/1990 so wertvoll. Gudrun Schreiner (siehe Rückseite) So hat es mit unserer Zeitung 1990 „angefangen“

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