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ProPhil_15_02

8 2-2015 Vom Gründungsmitglied zum Vorsitzenden des SBB Die Wende war vorbei. Ich hatte mich für ein halbjähriges postgraduales Studium für das Lehr- fach Informatik gemeldet. Und da saßen wir nun häufig in Dresden zusammen, drei „Studenten“ aus ca. 20 Teilnehmern und sprachen über Gott und die Welt und die Philologen. Kurze Zeit später waren wir drei von sieben Gründungsmitgliedern des Philologenverbandes Sachsen. Einer schied wiederum kurz danach wegen seiner Verknüp- fungen mit dem „VEB Horch und Guck“ aus. Der Zweite war mein inzwischen langjähriger guter Freund Rolf Neumann, viele Jahre stellvertreten- der Vorsitzender und Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Philologenverbandes, jetzt Ehren- mitglied im PVS. Wir lasen damals in der Zeitung, dass eine gewis- se Frau Schreiner am 07. Mai 1990 nach Rade- beul einlud. Man wolle über die Gründung eines Philologenverbandes in Sachsen beraten. Rolf war sofort Feuer und Flamme und so fuhren wir ge- meinsam nach Radebeul. Wie sich herausstellte war der Zulauf recht überschaubar. Wer wusste schon, was Philologen sind. Aber jene Gudrun Schreiner hatte gut vorgearbeitet und gemein- sam mit dem Bayerischen Philologenverband in Gestalt von Herrn Sonnemann, dem Bezirksvor- sitzenden für Oberbayern, zahlreiche Informa- tionen eingeholt. So unterzeichneten sechs der Anwesenden ein Anmeldeformular zur Gründung eines eingetragenen Vereins Namens Philologen- verband Sachsen. Dann ging alles sehr schnell. Der Verein wurde im Mai 1990 in Radebeul gegründet und am 4. Okto- ber 1990 fand die offizielle Gründungsveranstal- tung im Luisenhof Dresden statt. Damit begann dann auch offiziell die inhaltliche Arbeit. Ein neu- es Schulsystem, ähnlich dem Baden-Württember- gischen Modell sollte in Sachsen etabliert werden. Damit konnte es erstmals seit 1945 wieder Gym- nasien in Sachsen geben. Für einen Verband, der Lehrer an Gymnasien (ausgebildete Gymnasial- lehrer nach dem Recht der damaligen BRD gab es ja fast nicht) organisieren wollte, also schon eine Herausforderung. Täglich gingen Mitgliedsanträ- ge bei uns ein und unser vorläufiger Vorstand bildete sich nicht nur in bildungspolitischen Fra- gen weiter sondern begann auch berufspolitische Probleme zu wälzen. Personalräte wurden ge- wählt, Grundsatzdokumente formuliert, Gesprä- che mit dem Kultusministerium gesucht, Kontakte in die anderen Landesverbände des Deutschen Philologenverbandes hergestellt, Werbematerial zusammengestellt, Personalversammlungen be- sucht, eine Mitgliederzeitung in vierteljährlichem Rhythmus herausgegeben, Informationsblätter entworfen, eine elektronische Mitgliederdatei (damals waren wir deutschlandweit Vorreiter in dieser Disziplin) aufgebaut, eine Geschäftsstelle in’s Leben gerufen und … diese Aufzählung kann nur unvollständig bleiben. Es war eine ungeheuer große Leistung, die von den Beteiligten erbracht wurde. Ein übergroßes Verdienst verbleibt bei Gu- drun Schreiner. Viele Namen fallen mir ein und wenn wir uns heute einmal wiedersehen, ist die Freude groß und die Hochachtung vor der Arbeit des anderen für unseren Verband allgegenwärtig. Manche sind in das zweite Glied zurückgetreten weil die Belastung für sie und die Familie einfach zu groß wurde oder weil sich beruflich andere Chancen eröffneten. Manche genießen heute ih- ren wohlverdienten Ruhestand, manche sind auch im Ruhestand noch aktiv für unseren Verband tä- tig. An manche denke ich gern zurück, auch wenn sie uns heute schmerzhaft fehlen. Bei aller Arbeit, es war auch menschlich ein Ge- winn, sich in einem Berufsverband zu engagieren. Nicht nur die Auseinandersetzung mit den Be- hörden, der Politik und der gewerkschaftlichen Konkurrenz schärfte unseren Blick für gymnasiale Erfordernisse. Auch zwischenmenschlich erlebte ich echte Gemeinsamkeit mit manchem Mitstrei- ter. Inzwischen hat sich mein „Philologenblick“ deutlich erweitert. Erstmals bekam ich einen Ein- blick in die Vielfalt der Probleme des öffentlichen Dienstes als ich 1999 noch in Vertretung und später als ständiger Beisitzer im Landesvorstand des Sächsischen Beamtenbundes ankam. Ich gebe zu, für den PVS war das was die anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bewegte nicht immer alles relevant. Es gab damals für mich nur eine wirklich wichtige Arbeitsgruppe, die Ar- beitsgemeinschaft sächsischer Lehrerverbände im SBB. Zu dieser gehören neben dem Philologenver- band auch der SLV, der Berufsschullehrerverband die katholische Erziehergemeinschaft und der sächsische Schulleiterverband. Aber zunehmend begriff ich, dass die Probleme der anderen Mit- gliedsgewerkschaften im SBB auch unsere Prob- leme sind. Der Personalabbau betrifft die Lehrer an Gymnasien genauso wie die Polizisten und die Kommunalbeschäftigten. Die Dienstrechtsreform für sächsische Beamte greift auch bei Lehrern, weil deren Dienstrecht in allen sonst nicht weiter geregelten Fällen auf das Beamtenrecht zurück- greift. Und natürlich sind die Tarifauseinander- setzungen nicht auf die Lehrerschaft begrenzt. Nur etwa 1/3 der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Sachsens sind Beamte. Das spiegelt sich auch im Sächsischen Beamtenbund wieder. Seit 2013 bin ich Landesvorsitzender des Sächsischen Beamtenbundes und sie können mir glauben, in der ersten Reihe sehe ich die Probleme der Mit- gliedsgewerkschaften und deren Verknüpfung mit den Lehrergewerkschaften sehr viel deutlicher als zuvor. Ich habe in diesen zwei Jahren sehr viel gelernt. Die ständigen Gespräche im politischen Raum schärfen den Blick und bringen auch völlig neue Perspektiven. Auch damit ergibt sich wieder ein Gewinn für die Philologen Sachsens. Ich hof- fe dieses Amt zur Zufriedenheit der Mitglieder im SBB und natürlich auch der Mitglieder des PVS weiter und gut ausüben zu können. Ihr Gerhard Pöschmann Ministerpräsident von Sachsen, Stanislav Tillich und Gerhard Pöschmann 82-2015

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