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ProPhil_15_01

71-2015 Es muss endlich Bewegung in die Verhandlungen kommen Der März 2015 begann stürmisch. Nach andert- halb Jahren im Schuldienst sind dies für mich die ersten Streiktage. Ich musste nicht lange überlegen, um mich dem Warnstreik während der Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst anzuschließen. Dabei gehöre ich noch zu den glücklichen Neulingen im Leh- rerberuf: Ein Gymnasialstudium abgeschlossen, direkt einen Referendariatsplatz bekommen und anschließend eine unbefristete Stelle an einem Gymnasium. Vielen anderen geht es nicht so: Lange Wartezeiten auf eine Referendarstelle, un- zumutbare Entfernungen, keine Einstellungschan- cen mit bestimmten Fächerkombinationen, unbe- fristete Stellenangebote an anderen Schulformen, etc. Die Arbeitgeber in Sachsen rühmen sich den- noch mit tollen Neueinstellungszahlen und perfek- ten Bedingungen. Allein deshalb muss in die Ta- rifverhandlungen Bewegung kommen. Befristun- gen ohne Sachgrund sowie Masseneinstellungen in andere Schulformen müssen der Vergangenheit angehören. Dies sollten die Arbeitgeber endlich erkennen. Hinzu kommt, dass der Lehrerberuf endlich wieder mehr Wertschätzung erlangen muss. Das kann durch eine vernünftige Entgelt- ordnung für angestellte Lehrer geschehen. Dass die Verhandlungsführer der Bundesländer nun auch noch die betriebliche Altersversorgung kür- zen wollen, sorgt gerade bei uns jungen Kollegen für viel Unmut. Mit einer vernünftigen staatlichen Rente dürfen wir sowieso nicht mehr rechnen und sind auf private und betriebliche Vorsorge angewiesen. Die Kürzungsvorschläge sind daher ein Schlag ins Gesicht aller und nicht hinzuneh- men. In den Kollegien herrscht viel Entschlossenheit für ihre Belange einzustehen und die Tarifverhand- lungen auch mit Hilfe von Streiks zu begleiten. Wünschenswert wäre trotzdem, dass wir auf weitere Streiks verzichten können, indem der Arbeitgeber ein faires und verhandlungsfähiges Angebot vorlegt. Nach drei gescheiterten Runden fehlt dazu aber irgendwie der Glaube. Stefan Fischer Julius-Mosen-Gymnasium Oelsnitz/V. Mehr Gemeinsamkeit ist nötig Nicht der Forderung nach 5,5 % mehr Gehalt, die ja sowieso nicht zu erwar- ten sind („2 % +“, wenn überhaupt, werden dann wieder einmal als Erfolg „verkauft“), habe ich an den Warnstreiks teilgenommen, sondern der beab- sichtigten Kürzung unserer betrieblichen Altersvorsorge wegen!!! Die fehlen- de Wertschätzung der täglichen Arbeit durch eigene Minister, Direktoren, ... , die häufig nur noch als „Verheizen“ empfunden wird, demotiviert, lässt einen regelrecht abstumpfen. Würden alle diese Aufgaben hier aufgezählt – neuer- dings werden alle Kollegen nun auch noch zum Brandschutzlehrgang ver- pflichtet, könnte man vermutlich die „ProPhil“ seitenweise füllen. Unsere ei- gentliche Aufgabe, das Unterrichten, gerät doch immer mehr aus dem Fokus. Zahlreiche Informationen zum Thema „Streik“ kamen zu kurzfristig. Warum? Kundgebungen an drei Orten und damit unterschiedliche Busrouten spalteten das Kollegium. Die einen fuhren nach Chemnitz im Bus der einen Gewerk- schaft, die anderen nach Dresden im Bus der anderen Gewerkschaft. Was soll das? Wenn sich die Gewerkschaften schon nicht in so profanen Dingen einigen können, wie dann im Kern der Dinge? Petra Weller, Sandberggymnasium Wilkau-Haßlau Enttäuschung und Wut Der bisherige Verlauf der Tarifverhandlungen weckt unterschiedliche Gefühle in mir. Erst einmal bin ich enttäuscht. Es war offensichtlich unbedarft, dass ich gehofft hatte, in diesem Jahr würde sich (auch angesichts der vergleichsweise guten wirt- schaftlichen Lage in Deutschland) ein für beide Sei- ten akzeptables Ergebnis aushandeln lassen, ohne dass es zu Streiks kommt. Neben der Enttäuschung macht sich in mir in- zwischen auch eine gewisse Wut breit – über die geplanten Abstriche bei der VBL-Rente, noch mehr aber über die Arroganz, den Ton und den Stil, mit denen die Arbeitgeber (insbesondere Herr Bullerjahn) in den Medien und sicher auch in den Verhandlungen auftreten. Ich kann durch- aus nachvollziehen, dass die Arbeitgeberseite bei der derzeitigen und langfristig anzunehmenden Zinssituation über die Rahmenbedingungen einer kapitalgedeckten Rente reden möchte, aber die Art und Weise stellt sich mir als Erpressung dar. Außerdem ist es der blanke Hohn angesichts der unablässig wiederholten Forderung der Politik nach zusätzlicher privater Altersvorsorge in Form von Betriebsrenten. Und zuletzt entwickle ich langsam die Befürch- tung, dass es die Arbeitgeberseite diesmal richtig darauf ankommen lassen möchte, dass sie testen will, wie belastbar Willen und Streikkasse der Ge- werkschaften sind. Was das für meine Schüler, nicht nur des Abitur- jahrgangs, heißt, möchte ich mir gar nicht vorstel- len. Oliver Scholz Lessing-Gymnasium Plauen Für eine bessere Eingruppierung Die Arbeitgeber werden leichtes Spiel mit uns haben. „Wir geben Euch …. %, dafür gibt es aber keine bessere Tarifgruppe.“ Oder: „Wir spendieren 0,1 % Arbeitgeberzuschuss für ein Altersteilzeitmodell ab 66,5 Jahren, kürzen dafür die Betriebsrente.“ – Oder so ähnlich. Dadurch, dass der gesamte öffentliche Dienst bundesweit am Tisch sitzt, bleiben typisch sächsische Forderungen außen vor. Warum sollten die Sachsen-Anhaltiner oder die Thüringer energisch für eine bessere Tarifgruppe streiken? 50 % von ih- nen sind verbeamtet. Können die Bildungs-Gewerk- schaften in Sachsen nicht einmal separat – gemein- sam oder wenigstens wir als Gymnasiallehrer – für eine bessere Eingruppierung streiken? Steffen Frei, Markkleeberg Wir lassen uns unsere Rechte nicht nehmen „Ich bin jetzt Pensionärin und bekomme 89 % mei- nes bisherigen Gehalts.“, so erzählt es mir freudig meine wenige Jahre ältere Kollegin aus Hessen. Da fällt mir nur ein, zu gratulieren und mir schon einen Platz in einer bezahlbaren Rentner-WG/Ost zu suchen. Denn ich bin Lehrerin in Sachsen. Dem Bun- desland mit den guten Ergebnissen bei Leistungs- vergleichen und dem der nicht beamteten Lehrer, die man auch gern als „weiße Sklaven“ bezeichnet, weil sie zuverlässig und schon jahrelang unterbe- zahlt ihren Dienst tun, weil eine Forderung nach Angleichung der Löhne an das Beamtengehalt ei- ner Palastrevolution gleich kommt. Sollten sie doch erwachen und sich auf ihre Rechte besinnen und streiken, da sie verantwortungsbewusst ihren Dienst versehen, werden sie diskret, aber unmissverständ- lich gemaßregelt. Bildung und Erziehung der Schüler ist die Pflicht und moralische Verantwortung eines jeden Kollegen, die er täglich wahrnimmt, aber über das durch Verfassung geschützte Grundrecht der Lehrer bestimmt das Kultusministerium? Sind wir doch Beamte und haben es nur verschlafen? Wären wir es, zumindest „angeglichene“, wie viel ruhiger verliefe das Schuljahr, wie angenehmer liesse sich der Ruhestand gestalten und auch junge Leute kä- men nicht nur zum Studieren nach Sachsen. Dr. Helgard Köcher; BSZW Werdau

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