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ProPhil_16_01

12 1-2016 Zur Diskussion Vision: Schule von MORGEN – per neuem Schulgesetz ??? – Gedankensplitter zum Bürgerforum Ein Bürgerforum als Mittel zur Partizipation im Be- reich der Schulgestaltung – etwas Besseres kann einem Lehrer doch gar nicht passieren – dachte ich und so begab ich mich nach Meißen an das Franzis- kaneum, wo ein solches Forum durchgeführt wurde. Eigentlich stapelten sich kurz vor den Winterferien die noch zu bewältigenden Aufgaben auf meinem Schreibtisch, denn das Schuljahr für meine 12er ge- staltet sich so kurz wie nie. Aber wer kritisiert, sollte auch aktiv werden und so entschied ich mich zur Teil- nahme, zumal ich nach meinem Studium des Entwur- fes viele Fragen hatte. Über die rege Beteiligung war ich erstaunt und erfreut zugleich, weil mir bewusst wurde, dass mein Ringen um eine bessere Schule doch viele Mitstreiter findet. Die Idee, alle interessier- ten Bürger an der Gestaltung des Gesetzentwurfes mitwirken zu lassen, empfinde ich als ein sehr posi- tives Signal von Seiten des Kultusministeriums, ob es ein Novum in der sächsischen Politik wird, zeigt sich wohl erst, wenn aus dem Gefühl der Mitbeteiligung auch ein wirkliches MITGESTALTEN wird. Das Bürgerforum, welches in der Organisationsform in Ansätzen der Open Space-Methode folgte, über- zeugte mich schon, auch wenn das bedeutete, dass ich mich für ein Thema entscheiden musste, denn anders als bei obiger Methode konnte der Raum nicht einfach gewechselt werden. So entschied ich mich für das Thema Eigenverantwortung von Schu- len statt für Schulen im ländlichen Raum, Inklusion oder Schulausstattung. Als Fachleiter des gesell- schaftswissenschaftlichen Profils war ich natürlich besonders am § 3b interessiert, welcher hervorhebt, dass der politischen und historischen Bildung sowie der Vermittlung von Alltagskompetenz ein besonde- rer Stellenwert gebührt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass gerade diesen Bereichen in den letzten Jahren weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde oder wie lässt sich sonst erklären, dass das Fach Ethik seit vielen Jahren einstündig unterrichtet wird, obwohl es ein abiturrelevantes Fach ist, in dem ge- rade die Vermittlung von Werten und Normen, von Wissen über Religionen, Kulturen und unterschied- liche Lebensentwürfe im Mittelpunkt steht. Toleranz im Umgang mit anderen Kulturen erwirbt man nur über Wissen, Unkenntnis schafft Raum für Vorurtei- le- gerade in der derzeitigen aktuellen Situation in Europa, Deutschland und Sachsen. An ausgebilde- ten jungen Lehrern mangelt es nicht, aber Stellen für diese Fächer gab es kaum, auch wenn von der größten Einstellungswelle an Sachsens Schulen ge- sprochen wird. Als Fachleiter versuche ich schon seit einiger Zeit alle funktionsbedingten Möglichkeiten zu nutzen, um auf diese Schieflage aufmerksam zu machen. Des Weiteren wollte ich Antwort auf mei- ne Fragen bezüglich der Eigenverantwortung nach § 3a Qualitätssicherung. Hierbei fragte ich nach ei- ner klaren Aussage zur Formulierung „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen“. Die Antworten des Vertreters des Kultusministeriums lauteten immer, dass dies durch den Haushalt be- stimmt wird. Für mich ist dies mehr als unbefriedi- gend, denn Schulprogramme haben wir alle bereits geschrieben. Ist also der Schulleiter demnächst dafür verantwortlich, dass Fächer nicht unterrichtet wer- den können, weil die Ressourcen nicht vorhanden sind, z. B. Fachlehrer in Chemie? Qualitätssicherung durch eng gestrickte Stellenbesetzungen oder Quer- einsteiger wird nicht umsetzbar sein, weil wir Lehrer bereits an unseren Grenzen angelangt sind oder sol- len wir neben der Ausbildung unserer Referendare, der außerunterrichtlichen Arbeit, der Betreuung von Projekten zum Nulltarif nun auch die Qualifizierung dieser Kollegen übernehmen? Abordnungen wie bisher praktiziert, werden den Lehrermangel nicht mehr kompensieren. Auch der flexible Einsatz unse- rer Junglehrer in jeder beliebigen Schulart wird die hohe Qualität unserer Arbeit nicht auf Dauer halten können. Dieses Phänomen, ausgebildete Gymnasial- lehrer ohne Grundschulpädagogik in Grundschulen einzusetzen, erachte ich ohnehin als falsch und der Qualitätssicherung entgegenwirkend. So verfassen Gymnasiallehrer für Geografie/ Geschichte Bildungs- empfehlungen für die Grundschüler. Wer kann dies dauerhaft verantworten? Das kann nicht die Schule von MORGEN sein. Abgesehen da- von braucht ein junger Lehrer das Gefühl, an einer Schule anzukommen. Noch haben wir die Mög- lichkeit unsere Erfahrungen weiterzugeben oder NEUES hinzuzulernen, eben generationenverbin- dend zu wirken. Ich hatte viele Träume als die nun schon nicht mehr ganz neue Lehrplangeneration eingeführt wurde, habe mich in Netzwerken zum fächerverbindenden Unterricht und dem Profilunter- richt engagiert, deren Ansatz für mich absolut revo- lutionär war, habe Lehrpläne verfasst, da letztlich 50 % der Vorgaben verändert werden können und mit welchem Ergebnis? Team teaching ja, aber auf Kosten der Kollegen, die sich selbst einigen müssen, wie sie ihre Stundeneinsätze verteilen, um eine et- waige Gerechtigkeit zu erreichen. Ohne Mehrarbeit waren und sind diese Herausforderungen nicht zu leisten gewesen. Belastungen haben aber menschli- che Grenzen! Wer Schule verändern will, muss auch in Schule investieren. Auch Eigenverantwortung, In- klusion und der Erhalt der Schulen im ländlichen Be- reich wird finanzielle Aufwendungen erfordern. Eine erfolgreiche Inklusion funktioniert nicht in Klassen mit 28 Schülern. Dies belegen derzeit schon Klassen mit Integrationskindern. Außerdem gibt es Erfah- rungen mit dieser Art des Förderns und Forderns bereits in vielen Ländern der Erde und stets hat sich erwiesen, dass kleine Lerngruppen der Schlüs- sel zum erfolgreichen Lernen sind. Wollen wir also den Anforderungen der UN-Behindertenkonvention gerecht werden, muss die Ressourcenfrage auch hier klar sein, können Schulleitungen und Schulen nicht allein gelassen werden mit diesen Herausfor- derungen. Interessant werden sich zweifelsohne erst die Verordnungen gestalten, die dann konkrete Regelungen im Anschluss an die Verabschiedung des Schulgesetzes enthalten, auf welche wir Lehrer dann keinen Einfluss haben werden. Darum erachte ich es als wichtig, dass möglichst viele Kollegen sich an der Debatte um das Schulgesetz beteiligen mö- gen, ob im Bürgerforum oder digital. Der Abend war für mich schon darum ein Erfolg, weil in der gesamten Veranstaltung ein konstruk- tives Gespräch möglich war, sich jeder ungeachtet der Position beteiligen konnte und ich das Gefühl mit nach Draußen nehmen konnte, dass unsere Kul- tusministerin mit viel Engagement und ehrlicher Be- reitschaft an der Gestaltung von Schule interessiert ist und unsere Arbeit wertschätzt. Allerdings stimme ich ihrer Behauptung – es sei mir als Geschichts- lehrer verziehen – dass das neue Schulgesetz eine „kleine Revolution“ sei, nicht zu. Revolutionen, ob klein oder groß, bedeuten radikale Veränderungen der gegebenen Bedingungen, tiefgreifende Wand- lungen und letztlich auch die Schaffung neuer In- stitutionen. Das kann ein neues Schulgesetz nur schaffen, wenn die Rahmenbedingungen im Vorfeld geklärt sind. Darauf gab es an diesem Abend aber keine klaren Antworten. Kerstin Sachse (Gymnasium Coswig) Veränderungen notwendig?! Aktuell werden in den Regionen die geplanten Änderungen am Schulgesetz besprochen. In den vergangenen zehn Jahren hatten sich die Rahmenbedin- gungen und der gesellschaftliche Konsens soweit verändert, dass eine Anpassung dieses Gesetzes notwendig wurde. Wie sieht es aber mit weiteren Voraussetzungen für das Gelingen des Unterrichts aus, vor allem mit unseren Lehrplänen? Sind sie noch auf der Höhe der Zeit oder müssen auch sie an die veränderten Bedingungen angepasst werden? Schon mehrfach war dies in der Vergangenheit nötig und unsere Mitglieder haben sich stets aktiv in diesen Prozess eingebracht, ihn ggf. initiiert. Im vergangenen Jahr hatten wir mit einem Artikel in unsere Verbandszeitung erneut eine Diskussion über die Lehrpläne angeregt. Vor einigen Tagen erhielten wir einen Brief zu diesem Thema, den wir Ihnen nicht vorenthalten möchten und nachfolgend auszugsweise abdrucken. In diesem Brief finden Sie viele Gedanken zu unseren Lehrplänen aus Sicht von Eltern. Diskutieren Sie mit. Lassen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Brief bzw. zur Überarbeitung der Lehrpläne allgemein zukommen, gerne per Mail oder per Post an unsere Geschäftsstelle. Frank Eiselt 121-2016

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