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ProPhil_16_01

17 1-2016 Schulgesetzentwurf in der Diskussion Bericht vom 8. Schulpolitischen Forum der sächsischen Lehrerverbände Das Schulpolitische Forum der sächsischen Leh- rerverbände und der CDU-Landtagsfraktion in Ra- debeul am 5. März 2016 stand ganz im Zeichen des neuen Schulgesetzes. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Vorsitzenden des Sächsi- schen Beamtenbunds Gerhard Pöschmann erläu- terte der schulpolitische Sprecher der CDU-Land- tagsfraktion Lothar Bienst zunächst den Werde- gang des Gesetzentwurfs. Ausgangspunkt sei der Koalitionsvertrag gewesen. Der Anspruch sei gewesen, alle in den Prozess einzubeziehen. „Wir finden uns im jetzigen Entwurf zu zwei Dritteln wieder“ erklärte Bienst. Das zweigliedrige Schul- system bliebe unverändert, das Förderschulsystem werde angepasst. „Ich bin optimistisch, dass sich die vielen Anregun- gen aus der Öffentlichkeit im endgültigen Geset- zesentwurf niederschlagen”, äußerte Bienst. Im Schuljahr 2017/18 solle es dann gelten. Bienst benannte aber auch Probleme im Referente- nentwurf und sprach über den Dissenz der Fraktion mit dem Kultusministerium: Die Schulnetzplanung im Bereich der Berufsschulzentren müsse zentral geregelt werden. Das Ministerium sieht das an- ders. Der Diskussionsprozess ist noch nicht abge- schlossen. Desweiteren fordert die CDU-Landtagsfraktion eine Auflösung der Grundschulbezirke. Das letzte Wort ist auch hier noch nicht gesprochen. In ihren Ausführungen nahm die Staatsministerin für Kultus Brunhild Kurth zur Berufsschulproblema- tik Stellung: Die Schulnetzplanung sei ein „inten- siver Diskussionspunkt“. Anders als die CDU-Frak- tion will sie jedoch die regionalen Planungsbüros verantwortlich machen. „Wir können das Netz der beruflichen Schulen, wie es jetzt ist, so nicht auf- recht erhalten“, machte sie deutlich. Die Teilnehmer der sich anschließenden Podiums- diskussion Brunhild Kurth, Lothar Bienst, SLV-Vor- sitzender Jens Weichelt, PVS-Vorsitzender Frank Haubitz, Dirk Baumbach (2. Vorsitzender des Lehrerverbandes Berufliche Schulen in Sachsen), Franz-Josef Fischer (Stellvertretender Bundesvor- sitzender der Katholischen Erziehergemeinschaft) und Kerstin Daniel (Vorsitzende des Sächsischen Schulleiterverbandes) bezogen zum Entwurf des sächsischen Schulgesetzes Stellung und verstän- digten sich zu unterschiedlichen Positionen. Mo- deriert wurde die Runde durch Heike Schmoll, re- nommierte Korrespondentin für Schul- und Hoch- schulpolitik der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dirk Baumbach (VLBS) unterstützte die Position von Bienst: Die Speckgürtel hätten bestens ausge- stattete, aber teils leer stehende Schulen. Schüler- ströme zu lenken, werde schwer. Regionale Pla- nungsverbände würden nichts bringen. Einen großen Raum nahm das Thema Inklusion ein. Heike Schmoll merkte in ihrer Anmoderation hierzu an, dass man die Folgen überstürzter Bil- dungspolitik in anderen Bundesländern bereits be- sichtigen könne. Im Übrigen zweifle sie am Erfolg von lernzieldifferentem Unterrichten. Kerstin Daniel (SSV), Schulleiterin in Chemnitz, berichtete aus ihrem beruflichen Alltag: Sie habe schon jetzt ein breites Spektrum von Schülern zu unterrichten, dem sie und ihre Kollegen schwer gerecht werden können. „Aber wir mühen uns!” Wichtig sei, dass Schulsozialarbeiter an jeder Schu- le arbeiteten und das müsse ins Gesetz. „Wer der Träger ist, ist mir egal.” Dirk Baumbach mahnte, man dürfe Inklusion nicht einfach an die Schultür schreiben, ohne es in die Schule reinzuschreiben. „Gebt den Kollegen die Chance, lernzieldifferent zu unterrichten!” forder- te er. Allerdings müssten die Lehrer dafür weiter- gebildet werden. Der PVS-Landesvorsitzende Frank Haubitz äußerte sich in seinem Statement „weitestgehend zufrie- den mit dem Schulgesetz.” Es sei eine „ordentliche Bodenplatte“ gelegt. Er warnte jedoch vor schlecht gemachter Budgetierung und forderte die Siche- rung der Gymnasien im ländlichen Raum. Und auch er machte sich für die Schulsozialarbeit stark: „Kinder, die ihr Zuhause in der Schule gefunden haben, brauchen Sozialarbeiter!” Diese müssten durchgängig und gesichert beschäftigt werden. Der SLV-Vorsitzende Jens Weichelt bekräftigte die Forderung nach dem Erhalt der Förderschulen: „Diese müssen erhalten bleiben als Vorausset- zung für gelingende Integration und Inklusion!” Er forderte, die Voraussetzungen für Inklusion – besonders die personelle – noch stärker zu de- finieren. „Wir brauchen klare Regelungen! Nicht die Gerichte sollen die Bedingungen diktieren”, so Weichelt. Zudem dürfte man Schulen nicht von heute auf morgen mit lernzieldifferenziertem Un- terrichten überfordern. „Wir müssen auch an die nicht-behinderten Schüler denken!” „Ich bin froh, dass wir in Sachsen so langsam sind”, äußerte Kultusministerin Kurth in ihrem Beitrag zum Inklusionsthema. Inklusion müsse ge- wollt werden, die Menschen müssten bereit dafür sein. Ressourcenforderungen allein reichten nicht. Allerdings müsse man bei der Inklusion „hin und wieder ins kalte Wasser springen” – jedoch nicht ohne Lehrerfortbildungen. Heterogenität sei eine Herausforderung, die gemeistert werden müsse. Deshalb gebe es jetzt auch Module hierzu im Lehr- amtsstudium. In Sachsen werde man „Stützpunktschulen“ für Inklusion einrichten – „mit fest installiertem son- derpädagogischen Know How.“ Dies könne aber nicht an jeder Oberschule geschehen. Die derzeitig übliche Praxis des „Einfliegemodells” von Förder- schullehrern sei „furchtbar". Vor allem hierfür gab es große Zustimmung aus dem Saal. In der Folge ging es in der Podiumsdiskussion um die Sicherung des Lehrernachwuchses. Es müsse vor allem im ländlichen Raum gelingen, die Bin- dung künftiger Kollegen an ihre Region und ihre Schule aufrecht zu erhalten. Schulscharfe Aus- schreibungen könnten dabei helfen. Bienst warnte aber auch eindringlich: Viele der derzeitigen Studierenden seien keine Sachsen – und blieben daher nach Abschluss ihres Studiums nicht zwingend hier. Er erzählte aus eigener Erfah- rung, wie schwierig es sei, einmal weggezogene junge Sachsen zurück in die Heimat zu holen. „Die fehlende Verbeamtung hilft uns dabei nicht!” Jens Weichelt stimmte dem umgehend zu: „Lehrer und Beamter zu sein, gehört in vielen Ländern un- trennbar zusammen!” Er forderte außerdem, bedarfsgerecht für den Leh- rerberuf zu werben und einen gewissen Bonus für bestimmte Studierende auszugeben. Er schlug den Wechsel der Fachrichtungen noch auf der Uni vor. Pädagogisch unqualifizierten Seiteneinsteigern – ein Reizthema an sächsischen Schulen in diesen Tagen – erteilte er eine klare Absage. Im Übrigen seien zufriedene Lehrerinnen und Leh- rer die beste Werbung für den Beruf. Dirk Baumbach erklärte, man habe die Nach- wuchssicherung über Jahre verschlafen. Sicher gebe es „keinen Mangel an Phantasie, um Attraktivitätsbedingungen zu finden.” Auch die Problematik der Ausstattung der Schulen wurde nicht ausgespart. Kerstin Daniel forderte, was eigentlich selbstverständlich sein muss: „Jede Schule braucht einen Stellvertreter!” Franz-Josef Fischer (KEG) rief dazu auf, noch mehr mit den Betroffenen zu reden und auf die freien Schulen zuzugehen. In diesem Zusammenhang äußerte sich Fank Hau- bitz zur Ganztagsschule: Diese sei die Schule der Zukunft. Ganztagsangebote dürfe es aber nicht nach Haushaltslage geben. Jens Weichelt forderte, auch an die Mittelzentren und die Schulen in der dörflichen Peripherie der Oberzentren zu denken. Zudem müsse man die Berufsausbildung in der Fläche erhalten. Für Gymnasien im ländlichen Raum brachte er die Zweizügigkeit ins Spiel. Außerdem forderte er, die Obergrenze in Grund- und Leistungskursen festzu- schreiben und die Bestuhlung von Fachkabinetten zu bedenken. Die Bildungsgangdifferenzierung der Oberschulen müsse erhalten bleiben. Und damit die Integration von Migranten gelinge, brauche es bessere Rahmenbedingungen. „Der Erfolg Ihrer Gesetzgebung wird sich daran messen lassen müssen, wie die vielen Anregungen aus den Anhörungen Berücksichtigung finden wer- den.” Mit diesen Worten an Kultusministerin Kurth lenkte die Moderatorin nochmals den Fokus auf den Werdegang des Schulgesetzentwurfs. Brunhild Kurth beschrieb nun, wie es weitergehen soll mit dem Gesetz: Es seien weit über tausend Änderungswünsche eingegangen. Ihre Mitarbeiter hätten nun Zeit bis Mitte April, um alles zu prüfen. „Wir werden an einigen Stellen nacharbeiten”, er- klärte Kurth. Sie wolle das Gesetz in der letzten Aprilwoche auf dem Tisch haben. —

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