18 1-2016 All zu hohe Erwartungen bremste sie jedoch aus: Gute Bildung gebe es nicht zum Nulltarif. „Das muss auch im Kabinett vertretbar sein.” Der parla- mentarische Prozess laufe von Mai bis November. Dann soll es verabschiedet werden, denn im De- zember steht der neue sächsische Doppelhaushalt an. Der Prozess sei dann aber noch nicht abgeschlos- sen, denn: „Wir können nicht alles ins Gesetz schreiben”, so Kurth. Ihre Vision sei es, von Januar bis Juni 2017 die entsprechenden Verordnungen zu schreiben, die dann – rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres 2017/18 – mit allen Schulleitungen besprochen werden sollen. Und das Lehrpersonal? „Wir werden an Seiten- einsteigern nicht vorbeikommen, denn uns fehlen schlicht die Lehrer”, erklärte Kurth mit der von ihr immer wieder betonten Ehrlichkeit. Sie stellte aber auch in Aussicht, dass Kollegen, die Seiteneinstei- ger betreuen, Entlastung bekommen sollen. Nach der Mittagspause erhielten die Zuhörer im Saal die Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen bzw. Statements abzugeben. Bei aller grundsätzlichen Übereinstimmung über den Erhalt des zweigliedri- gen sächsischen Schulsystems in seiner bisherigen Form ging es hier klar zur Sache: So wurden Vor- stellungen zur eigenverantwortlichen Schulen dis- kutiert, Kritik an der Schulnetzplanung im Bereich der beruflichen Schulen geäußert, eine Senkung und Festschreibung der Klassen- und Kursgrößen und eine bessere Ausstattung aller Schulen gefor- dert, der Bestand von Gymnasien im ländlichen Raum angemahnt und eine bessere Sicherung des Lehrernachwuchses in Sachsen eingefordert. In ihrem Schlusswort lenkte Brunhild Kurth den Blick von der Diskussion ums Schulgesetz auf die fremdenfeindlichen Vorfälle in Clausnitz und Bautzen, die Anfang März noch sehr präsent wa- ren: „Wir müssen unsere junge Menschen wieder stärker zu Empathie- und Diskursfähigkeit zu er- ziehen!” Thomas Langer Die Wahl der weiterführenden Schule ist für viele Eltern auch emotional ein wichtiges Thema. Wech- selt mein Kind ans Gymnasium oder die Oberschu- le – und welche konkrete Schule soll es sein? Wird es sich dort wohlfühlen? Worauf sollte ich bei der Wahl achten? Jedes Jahr stellen sich etwa 30.000 Eltern diese Fragen. Um sie zu unterstützen, führt die Technische Universität Dresden im Auftrag der Sächsischen Zeitung seit 2010 Elternbefragungen an Gymnasien und Oberschulen durch. Dabei geht es etwa darum, wie das Schulklima an der be- suchten Schule eingeschätzt wird, wie schulische und außerschulische Angebote bewertet sowie die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern beurteilt wird. Ergänzt wird dies mit einem separa- ten Fragebogen an Schulleiter und Elternsprecher: Was sind die wichtigsten Gründe, die die jeweilige Schule besonders attraktiv machen? Welche Pro- jekte haben sich erfolgreich etabliert? Vor der Publikation der Ergebnisse erhalten die teilnehmenden Schulen eine Information mit den Befragungsergebnissen. Die Untersuchung ent- spricht den hohen wissenschaftlichen Standards der Repräsentativität, die befragten Eltern bleiben anonym. Der Schulnavigator will keine Rankings veröffentlichen, will nicht die beste Schule Sach- sens küren, sondern Eltern bei der Entscheidung helfen, welche Schule die passende Wahl für das jeweilige Kind ist. Die Schulforscher rund um Professor Wolfgang Melzer haben die Fragebögen seit 2010 mehr als 73.000 Eltern in der Region Dresden und Ostsach- sen vorgelegt. Über die Jahre haben ihn 17.400 El- tern an insgesamt 58 Gymnasien und 92 Oberschu- len beantwortet und damit die Schule ihres Kindes bewertet – die derzeit größte Elternbefragung im Freistaat. In diesem Jahr will die TU nun alle 162 Gymnasien in Sachsen in die Erhebung ein- beziehen. Gerade vor dem Hintergrund der ausgesetzten Evaluation von Seiten des Kultusministeriums ist der Schulnavigator eine Chance: Er öffnet einen Feedbackkanal; er hilft, Selbst- und Fremdbild der Schule abzugleichen und das Schulklima zu ver- bessern. Eltern fühlen sich ernst genommen und aktiv in die Gestaltung des Schullebens einbezo- gen. Viele Gymnasien arbeiten intensiv mit den Ergebnissen der Befragung. Die teilnehmenden Schulen erhalten deshalb in diesem Jahr erstmals ein „Gütesiegel“ zur Einbindung in die Homepage: Ein Zeichen für Transparenz und demokratische Teilhabe an der Schule. Seit vergangenem Jahr sind die aktuellen Ergeb- nisse unter www.schulnavigator.de online ab- rufbar, die neue Untersuchung wird kostenfrei zugänglich sein. Über 25.000 Eltern haben das Portal bereits zur Information genutzt. Für Schulen ist dies auch eine Chance, Werbung in eigener Sa- che zu machen und etwa auf den Tag der offenen Tür zu verweisen. Der Philologenverband in Sachsen unterstützt das Anliegen des Schulnavigators. Wir bitten Sie daher um Ihre ganz persönliche Hilfe: Informieren Sie an Ihrer Schule über das Anliegen des Schulnaviga- tors und setzen Sie sich für die Teilnahme an der Befragung ein. Die Teilnahmeunterlagen sollen im Mai an die Schulen verschickt werden, wenn das Kultusministerium die Untersuchung genehmigt hat. Für weitere Informationen können Sie sich gern an uns wenden – entweder per Mail unter info@schulnavigator.de oder telefonisch unter 0351/48643020. Franziska Schneider, Projektredakteurin Schulnavigator Größte Elternbefragung Sachsens erstmals auch in Leipzig, Chemnitz und Zwickau geplant Prof. Wolfgang Melzer, Nelly Schmechtig und Matthias Ritter (v.r.n.l.) 181-2016